Kamerun: Bringt sie nicht zum Schweigen: Befreit jetzt die Opfer willkürlicher Inhaftierung

Vier gezeichnete Presonen schauen ernst in Richtung des Betrachters

Mehr als hundert Personen aus anglophonen Regionen und Mitglieder der Oppositionsparteien weiterhin aufgrund Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert

Mehr als hundert Menschen aus Kameruns anglophonen Regionen und Mitglieder ihrer wichtigsten politischen Oppositionspartei, die in den letzten fünf Jahren wegen der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit verhaftet wurden, sind immer noch inhaftiert. Dort sind einige von ihnen Folter oder Misshandlungen ausgesetzt. Das sagte Amnesty International (AI) im Zuge des Starts einer neuen Kampagne für ihre Freilassung.

„In den letzten fünf Jahren verschlechterte sich die Menschenrechtssituation zunehmend. Menschen aus anglophonen Regionen, darunter Journalist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen, Aktivist_innen und Anhänger_innen der politischen Opposition, wurden verhaftet und inhaftiert. Sie hatten lediglich ihre Meinung geäußert oder friedlich protestiert“ (Fabien Offner, Researcher für Zentralafrika).

 Die Kampagne „Bringt sie nicht zum Schweigen: Befreit jetzt die Opfer willkürlicher Inhaftierung“ fordert die Behörden auf, Verhaftete sofort freizulassen, die lediglich friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausübten. Die Kampagne konzentriert sich auf Dutzende von Personen aus den anglophonen Regionen Nord- und Südwest. Sie wurden verhaftet für die Teilnahme an friedlichen Protesten. Mindestens 107 sind Anhänger der Oppositionspartei „Movement for the Renaissance of Cameroon” (MRC). Die meisten der Inhaftierten wurden – unter Verletzung internationaler Menschenrechtsrechtstandards – vor Militärgerichten angeklagt und nach dem repressiven Anti-Terror-Gesetz von 2014 verurteilt.

Folter anglophoner Häftlinge

Tausende von Menschen nahmen Ende 2016 an weitgehend friedlichen Demonstrationen teil, um mehr Rechte in den beiden anglophonen Regionen einzufordern. Darunter sind Anwält_innen, Lehrer_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen. Mehr als 1000 von ihnen wurden zwischen 2016 und 2021 im Zusammenhang mit der anglophonen Krise verhaftet und sind in mindestens 10 Gefängnissen im ganzen Land inhaftiert. Dutzende davon sind willkürlich eingesperrt worden. Nach Amnesty vorliegenden Zeugenaussagen wurden viele ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Sie wurden gefoltert und misshandelt. Sie litten unter Schlägen und Peitschenhieben, dem tagelangen Entzug von Nahrung und Wasser. Ihr Ertrinken wurde simuliert und ihnen die Fingernägel gezogen.

Politische Opposition und Zivilgesellschaft im Visier

Am 15. Januar 2022 blieben 107 Anhänger und Mitglieder der MRC weiterhin in Haft. Zuvor waren sie während und nach der Teilnahme an Demonstrationen im September 2020 gegen die Organisation der Regionalwahlen, insbesondere bzgl. der anglophonen Krise verhaftet worden. Eine Gruppe von fast 50 Personen wurde am 27. Dezember 2021 von Militärgerichten wegen „Aufstandes“, „Rebellion“ und „Gefährdung der Staatssicherheit“ verurteilt. Olivier Bibou Nissack, der Sprecher von MRC-Präsident Maurice Kamto, und Alain Fogué, der erste Vizepräsident des MRC, wurden wegen „Revolution und Rebellion“ bzw. „Revolution, Rebellion und Zusammenrottung” zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Am nächsten Tag wurde Awasum Mispa Fri, Präsident der „Frauen der MRC“, wegen „Revolution und Rebellion in Mittäterschaft“ zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Andere MRC-Anhänger_innen wurden verurteilt und dann freigelassen, nachdem sie mehr als ein Jahr in Haft verbracht hatten. Außerdem werden zahlreiche Häftlinge derzeit in Gefängnissen in Yaoundé, Douala, Bafoussam und Mfou festgehalten. Teilweise waren die Inhaftierten zuvor Folter und sexuellen Misshandlungen ausgesetzt.

So wurde z.B. am 7. Dezember 2021 Dorgelesse Nguessan wegen „Aufstandes, Versammlung, und öffentlichen Demonstrationen“ vom Militärtribunal in Douala zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Bevor sie am 30. Dezember in das Zentralgefängnis von Douala verlegt wurde, wurde ihr das Recht verwehrt, sich in der Polizeiwache zu waschen, in der sie festgehalten wurde, und sie erlitt einen versuchten sexuellen Übergriff durch einen Polizisten. MRC-Häftlinge berichteten von einem weitverbreiteten Einsatz von Folter und von anderen Misshandlungen durch Sicherheitskräfte, einschließlich des Defense Secretary of State (SED) und der Polizei in Yaoundé. Am 5. November 2021 schreiben Häftlinge im Gefängnis von Yaoundé an den Präsidenten des Militärgerichts. In dem Brief beantragen sie ihre Freilassung und listen die wiederholte Verletzung ihrer Rechte auf.

„Diese häufigen Angriffe auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung verbunden mit der weitverbreiteten Anwendung von Folter und Prozessen gegen Zivilist_innen durch Militärgerichte zeigen, inwieweit die kamerunischen Behörden die Unterdrückung kritischer Stimmen normalisieren. Ihre unerbittliche Unterdrückung muss ein Ende haben“ (Fabien Offner).

 Die vollständige Pressemitteilung findet ihr hier: „Cameroon: More than a hundred detainees from Anglophone regions and opposition party languishing in jail for speaking out – Amnesty International“ (englische Fassung).

Wir bitte euch außerdem um eure Unterstützung. Hier findet ihr eine  Petition an den Botschafter der Republik Kamerun in Deutschland um auf die Situation aufmerksam zu machen.