Burkina Faso

Hintergrund

Burkina Faso ist ein frankophoner Staat in Westafrika. Es leben etwa 20 Millionen Personen in Burkina Faso, wobei die Hauptstadt Ouagadougou mit 2 Millionen Einwohnern im Zentrum des Landes liegend, die kulturelle und administrative Hauptstadt ist. Burkina Faso hat keinen Zugang zum Meer und grenzt im Nordwesten an Niger, im Nordosten an Mali und im Süden an die Elfenbeinküste, Ghana, Togo und Benin. Damit befindet sich Burkina Faso auch im Zentrum der sogenannten Sahel-Zone.
Nach dem Sturz des sozialistisch orientierten Thomas Sankara, wurde Blaise Compaoré zum langjährigen Präsident von Burkina Faso. Von 1987 bis 2014 regierte er das Land mit harter Hand, auch wenn er formal demokratisch legitimiert war, gab es fortlaufend Proteste gegen ihn. Die ihm gegenüber gemachten Vorwürfe reichen von Korruption bis zur Ermordung des Journalisten Norbert Zongo. Im Laufe der Zeit büßte Compaoré immer mehr an seiner Macht ein, bis er 2014 mit einer Verfassungsänderung scheiterte, die ihm eine fünfte Amtszeit ermöglicht hätte. Er wurde vom Militär abgesetzt und floh ins Ausland.
In den folgenden Jahren kam es zu einem Putsch gegen die Übergangsregierung, die durch die Präsidentengarde durchgeführt wurde. Der Putsch löste heftige Proteste aus, sodass die Putschisten letztendlich einsehen mussten, dass weder die Bevölkerung, noch Polizei oder Militär hinter ihnen standen. Die Übergangsregierung wurde wieder eingesetzt und am 29. November 2015 fanden die Wahlen statt, bei denen Roch Marc Christian Kaboré zum neuen Präsidenten gewählt wurde.

Am 22. November 2020 fanden die ersten Präsidentschaftswahlen in Burkina Faso seit dem politischen Wandel in den Jahren 2014/2015 statt. Die Wahl fällt eine sehr schwierige Zeit für Burkina Faso: die terroristische Gewalt nimmt immer weiter zu, etwa zwei Millionen Menschen sind innerhalb von Burkina Faso auf der Flucht, sieben von 13 Regionen Burkina Fasos haben den Notstand ausgerufen und die Corona-Pandemie mit der dahin einhergehenden Nahrungskrise hat die Bevölkerung zusätzlich besonders hart getroffen.

Im Jahr 2022 kam es dann zu zwei weiteren Militärputschen, nachdem die jeweilige Regierung es nicht schaffte Fortschritte im Kampf gegen die Terrorgruppen vorzuweisen. Aktuell ist der zuvor relativ unbekannte frühere Hauptmann Ibrahim Traoré Präsident. Unter ihm fand eine breite Rekrutierung der Milizen statt, die im Kampf gegen den Terror eingesetzt werden sollen.

Die Zusammenstöße zwischen bewaffneten Gruppierungen und die Angriffe auf die Zivilbevölkerung verstärkten sich in den Jahren immer weiter. Die Gewalt verlief häufig entlang ethnischer Kriterien. Verschiedene bewaffnete Gruppen griffen Ortschaften, Moscheen und Viehmärkte in den Regionen Nord, Sahel und Est an und töteten Zivilpersonen.

Menschenrechtssituation

Allgemein

Die Menschenrechtslage verbesserte sich nach dem Sturz von Compaoré erst einmal leicht, bevor sie sich dann aufgrund des immer weiter eskalierenden Konflikts im Norden und Osten des Landes dramatisch verschlecherte. Inzwischen ist sie desaströs, da zwei Millionen Personen innerhalb des Landes auf der Flucht sind, immer wieder kommt es zu tödlichen Angriffen auf die Zivilbevölkerung. Die aktuelle Regierung hat den Notstand ausgerufen und damit die politischen Rechte der Bevölkerung stark eingeschränkt. Bewaffnete Angriffe finden nicht nur durch die terroristischen Gruppen statt, sondern gehen zum Teil auch auf das Konto der Sicherheitskräfte und vor allem auf das Konto der Milizen, die immer häufiger die Verantwortung für die Sicherheit in verschiedenen Regionen übernehmen.

Verstöße bewaffneter Gruppen

Nach dem Putsch im Jahre 2014 herrschte lange Unklarheit, wie es mit Burkina Faso weitergehen würde. Nachdem 2015 schließlich Wahlen stattfinden konnten und mit Roch Marc Christian Kaboré ein neuer Präsident gewählt wurde, kam sehr viel Bewegung ins Land. Es wurden viele neue Gesetze, auch zur Stärkung der Menschenrechte, verabschiedet und die Zivilgesellschaft in den Städten erlebte einen Aufschwung. Gleichzeitig kam es im Norden und Osten dieses Landes zu immer mehr Kämpfen und Toten. Da die Regierung diese Teile des Landes nicht mehr effektiv unter Kontrolle hatten, schlossen sich die Menschen selbst zu Selbstverteidungstruppen zusammen. Gleichzeitig enstanden auch immer mehr islamistische Gruppen, die entweder aus den Nachbarländern nach Burkina kamen oder direkt Einfluss auf die von Armut betroffenen Menschen nahmen.
Die in den Medien am präsenteste Bedrohung sind die Angriffe durch die dschihadistischen Gruppen, die es allerdings auch schon vor 2014 gab. Die Angriffe der dschihadistischen Gruppen im Norden Burkina Fasos nahmen im Laufe der Zeit aber immer weiter zu und erreichten immer neue Höhepunkte, wobei die Zahl der Attacken immer weiter rasant zu nahm. Besonders im Norden und Osten des Landes kam und kommt es vermehrt zu Angriffen mit vielen Toten, allein von Januar bis August 2018 wurden 900 Personen getötet. Nach einem Bericht der UNO hat die Regierung Burkina Fasos die Kontrolle über weite Teile des Nordens und des Ostens Burkina Fasos an die Dschihadisten verloren. Burkina Faso ist in der ganzen Sahel-Zone das Land mit den meisten dschihadistischen Angriffen. Seit dem Anfang des Jahres 2020 hat die terroristische Gruppe GSIM die Stadt Djibo in der Soum-Provinz blockiert und den Zugang zu der Stadt stark eingeschränkt. Mitglieder dieser Gruppe führten auch im Jahr 2020 immer wieder heftige Angriffe auf die Zivilbevölkerung durch und entführten Authoritätspersonen wie den Bürgermeister von Pensa.

Die Gegenmaßnahmen der Regierung führten ebenfalls häufig zu Toten und schafften ein großes Misstrauen der ländlichen Bevölkerung gegenüber den Eliten. Insbesondere seit Beginn des Jahres 2019 haben die Sicherheitskräfte ihre Anstrengungen verschärft, wobei es auch immer wieder zu gezielten Tötungen, Kidnappings und Angriffen auf die Zivilbevölkerung kam. Es wird geschätzt, dass dabei bis Ende 2019 etwa 200 Personen ohne Gerichtsverhandlung exekutiert worden sind, wobei die Verbindung dieser Personen zum Dschihadismus nicht immer sicher ist.

Auch im März und April 2020 wurden zwei Fälle von Exekutionen durch Sicherheitskräfte Burkina Fasos dokumentiert, bei denen insgesamt  34 Personen getötet wurden.  Einer der Exekutionen wurde von der GFAT (Groupement des forces anti-terroristes), einer Anti-Terrorismus-Einheit durchgeführt. Einzelheiten zu diesen Fällen findest du in dem unten aufgeführten Bericht “They executed some.” Dies erleichterte es wiederum den Dschihadisten noch mehr Einfluss auf die Landbevölkerung in dem vom Armut und Unsicherheit gebeutelten Norden und Osten des Landes zu nehmen. Parallel zu diesen Vorgängen gab es auch unterhalb der Bevölkerung in den ländlichen Gebieten immer weiter eskalierende Auseinandersetzungen über Land, verstärkt durch die schlechten Ernten und die Migrantenströme aus Mali.

Auch unabhängig von den Dschihadisten kam es schon seit Anfang der 2010er verstärkt zu Überfällen und Aufständen. Daraufhin bildeten sich die Koglweogo, bewaffnete lokale Gruppen, die gegen Verbrechen und Unsicherheit ankämpften. Im Laufe der Zeit wurden diese Gruppen aber immer mächtiger und begannen auch Steuern einzuziehen und Gerichtsverhandlungen durchzuführen. Die Regierung plante gegen diese Gruppen vorzugehen, setzte diese Pläne aber nicht um, vermutlich da ihr die Ressourcen fehlten und diese Gruppen in der ländlichen Bevölkerung starke Rückendeckung haben. 2018 wurde ein Mitglied einer Koglwegogo-Gruppe festgenommen, worauf die anderen Mitglieder gewaltsam die Freilassung erzwangen.
Die Koglweogo genannte Selbstverteidigungsmilizen, die sich hauptsächlich aus Bauern und Viehzüchtern zusammensetzte, begingen zahlreiche Menschenrechtsverstöße wie tätliche Angriffe und Entführungen. Zivilgesellschaftliche Organisationen warfen den Behörden vor, zu wenig unternommen zu haben, um solche Verstöße zu verhindern. Der Justizminister versprach, den Aktivitäten der Milizen ein Ende zu setzen. Im Oktober 2016 wurde ein Dekret verabschiedet.
Im September 2016 wurden vier Mitglieder der Koglweogo, die im Zusammenhang mit einer Versammlung von Bewaffneten angeklagt worden waren, zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. 26 weitere erhielten Bewährungsstrafen zwischen zehn und zwölf Monaten.
Anfang 2019 kam es zu einem Massaker in Yirgou, bei dem nach offiziellen Angaben 49 Personen getötet haben, nach Angaben einiger Menschenrechtsorganisationen über 200. Am 23. Dezember 2019 wurde nach Untersuchungen ein Anführer der Koglweogo verhaftet und am 4. Februar 2020 wieder vorübergehend freigelassen. Bis Ende 2021 gab es keine signifikanten Fortschritte in den Verfahren zu vermelden.

Im März 2020 fand ein weiterer Höhepunkt der Gewalt in Burkina Faso statt, als mindestens 43 Zivilpersonen durch einen Angriff der Koglweogo in der Barga-Region getötet wurden. Am 8. März wurden drei Dörfer durch die Selbstverteidigungsmilizen geplündert, wobei offenbar wahllos Menschen getötet wurden. Die Angreifenden wurden dabei von Augenzeugen gegenüber Amnesty International als Koglweogo identifiziert. Auch im April und Mai 2020 wurde weitere, teils tödliche, Angriffe auf Zivilbevölkerung, Hilfskonvois und Sicherheitskräfte gemeldet, wobei nicht immer klar ist, wer genau der Angreifer war.

Die Angriffe sind auch deswegen so erschreckend, da die Regierung erst im Januar das “Loi sur les volontaires pour la défense de la patrie” verkündet hat, durch das auf lokaler Ebene Freiwillige mobilisiert und mit Waffen ausgestattet werden sollen, um die Militäreinsätze zu unterstützen. Damit werden gerade diese Gruppen unterstützt, damit sie zusammen gegen die Dschihadisten kämpfen können. Diese Kooperation könnte dazu führen, dass die Regierung Menschenrechtsverletzungen wie den Angriff am 8. März 2020 ignoriert, um keine Einsatzkräfte zu verlieren. Im Jahr 2020 kam es vermehrt zu Angriffen auf Moscheen und muslimische Zivilisten.

In bestimmten Gebieten Burkina Fasos findet damit ein ständiger Machtkampf zwischen der Regierung (unterstützt durch Frankreich), den Koglweogo, Banditen und Dschihadisten statt, der diese Regionen immer weiter aufzehrt. Infolgedessen sind nach der UNHCR 865.000 Personen innerhalb von Burkina Faso auf der Flucht. Diese humanitäre Krise wurde im März 2020 noch durch die Auswirkungen von Covid-19 verstärkt.

Im Juli 2021 kam es wegen der ansteigenden Zahl von Toten in weiten Teilen Burkina Fasos zu Protesten gegen die Regierung. Ihr wird vorgeworfen die Sicherheitslage nicht mehr im Griff zu haben. Kurz zuvor war es zu einem Angriff mit 130 toten Zivilisten gekommen, der bisher schlimmste Angriff des Konflikts. Auch im Laufe des Jahres 2021 kam es immer wieder zu bewaffneten Angriffen auf Sicherheitskräfte und Zivilpersonen. In Fada-N’gourma (Hauptstadt der Region Est) kam es daraufhin zu einer größeren Protestaktion der Bevölkerung, die gegen die Untätigkeit der Regierung demonstrierten. Letztendlich fanden im Jahr 2022 dann auch zwei Putsche statt, bei dem die bisherige Regierung abgesetzt wurde.

Im Dezember 2022 kam es zu einem Massaker im Dorf Nouna, bei dem mehr als 80 Personen durch Mitglieder einer Miliz getötet wurden. Es handelte sich dabei vermutlich um eine Racheaktion der Gruppe, nachdem sie von einer terroristischen Gruppe kurz zuvor angegriffen wurden. Vor allem die Foulani sind immer wieder Opfer der Angriffe, da ihnen oft eine Unterstützung der islamistischen Gruppen vorgeworfen wird.

Im Jahr 2023 eskalierte der Konflikt weiter. Ansaroul Islam und andere bewaffnete Gruppen führten brutale Belagerungen in Ortschaften in ganz Burkina Faso durch und begingen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, darunter die Tötung von Zivilisten, die Entführung von Frauen und Mädchen, Angriffe auf die zivile Infrastruktur und Angriffe auf Versorgungskonvois, was zu schwerwiegenden humanitären Folgen führt, so Amnesty International in einem neuen Bericht. Amnesty International schätzt, dass im Juli 2023 mindestens 46 Orte in Burkina Faso von bewaffneten Gruppen belagert wurden. Diese Taktik, die erstmals 2019 angewandt wurde und seit 2022 ein wesentliches Merkmal des Konflikts ist, zeichnet sich durch Kontrollpunkte an den Hauptausgangsrouten, das Legen von improvisierten Sprengsätzen (IEDs) zur Einschränkung des Verkehrs und gelegentliche Angriffe auf Zivilisten, Soldaten und Versorgungskonvois aus. Von den Belagerungen sind schätzungsweise eine Million Menschen betroffen.

Der Bericht mit dem Titel “Death was slowly creeping on us: Living under siege in Burkina Faso” dokumentiert auch, wie diese Taktiken die Bewohner der belagerten Gebiete daran gehindert haben, ihr Land zu bewirtschaften und ihr Vieh zu weiden und wie ihr Zugang zu Gesundheit und Bildung eingeschränkt wurde, so dass Zehntausende von Menschen gezwungen waren, ihre Häuser zu verlassen.

Straflosigkeit

Im Juli 2016 forderte der UN-Menschenrechtsausschuss die Regierung von Burkina Faso auf, mehr dafür zu tun, dass alle Menschenrechtsverletzungen umfassend und unparteiisch untersucht werden, welche die Streitkräfte, darunter auch die Präsidentengarde (Régiment de Sécurité Présidentielle), verübt haben. Der Ausschuss forderte zudem, dass die Schuldigen bestraft und die Opfer entschädigt werden.
Der Untersuchungsausschuss, der im Jahr 2015 gebildet worden war, um die Ereignisse vom Oktober 2014 zu untersuchen, als Angehörige der Sicherheitskräfte mindestens zehn Personen getötet und Hunderte weitere verletzt hatten, legte dem Premierminister seinen Bericht vor. Die Erkenntnisse des Ausschusses wurden der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben.

El Hadj Boureima Nadbanka ist der Kommandant der Koglweogo in der Namentenga-Provinz und wurde im Dezember 2019 verhaftet, da eine Untersuchung über die Ermordung von 50 Personen und das Verschwinden von 66 weiteren Personen im Dorf Yirgou durchgeführt wurde. Er wurde im Februar 2020 jedoch wieder provisorisch freigelassen und seitdem gab es keine nennenswerte Fortschritte im Prozess gegen ihn.

Eine Spezialeinheit, die 2021 von der burkinischen Armee eingerichtet wurde, kann laut dem sie bestimmenden Statut für keine Taten zur Rechenschaft gezogen werden, die während Operationen begangen werden. Opfer dieser Einheit haben damit keine Möglichkeiten sich gegen Gewalt durch diese Gruppe zu wehren.

Recht auf eine faire Verhandlung

Das aktuelle Strafgesetzbuch garantiert Personen, die wegen Terrorismusvorwürfen festgenommen und eingesperrt werden keine rechtliche Beratung. Diese Personen können zwar Geld aus einem Staatsfond beantragen, aus dem ein Anwalt bezahlt werden kann, das Gesetz sieht aber keine Pflichtverteidigung vor, wenn die Angeklagten nicht in der Lage sind einen Anwlt zu finden. Damit wird das Recht auf eine faire Verhandlung für diese Personen torpediert.

Todesstrafe

2018 wurde die Todesstrafe als Bestrafung für Kapitalverbrechen abgeschafft. 1988 wurde die letzte Todesstrafe in Burkina Faso vollstreckt. Allerdings kommt es immer wieder zu außerrechtlichen Tötungen durch Sicherheitskräfte und die Todesstrafe kann in Militärtribunalen immer noch festgesetzt werden.

Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Im Juni 2019 novellierte Burkina Faso sein Strafgesetzbuch und führte weitgefasste Straftatbestände ein, die genutzt werden könnten, um den Zugang zu Informationen einzuschränken und gegen Menschenrechtsverteidiger*innen AktivistInnen, JournalistInnen und Blogger*innen vorzugehen.

In Burkina Faso besteht der wegen der terroristischen Bedrohung ausgerufene Notstand weiter fort. Dieser Notstand gibt den Behörden weitreichende Kompetenzen Personen festzunehmen oder ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Teilweise wurden auf dieser Grundlage auch friedliche Versammlungen verboten. Davon war im Januar 2020 auch eine Sitzblockade vor dem Gericht in der Hauptstadt Ouagadougou betroffen, die organisiert worden war, um Gerechtigkeit für 50 Menschen zu fordern, die 2019 von einer bewaffneten Gruppe getötet worden waren (siehe die Vorfälle in Yirgou, im Kapitel über Straflosigkeit). Im Jahr 2021 kam es zu einigen Fällen von Einschüchterungsversuchen gegen JournalistInnen und Medien, die kritisch über Vorfälle berichteten. So wurde im Juni 2021 die Radio- und Fernsehprogramme der Omega Mediagruppe für fünf Tage gesperrt.

Im Jahr 2023 häuften sich die Einschüchterungsversuche und verbale Angriffe auf JournalistInnen und Medienschaffende. Agnès Faivre und Sophie Douce, Korrespondentinnen der Zeitungen “Libération” und “Le Monde” wurden am 1. April aufgefordert das Land innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Sie hatten zuvor über Gewaltverbrechen von Sicherheitskräften berichtet. Der Fernsehsender France 24 wurde nach einem Interview mit einem Anführer einer islamistischen Gruppe vom Sendebetrieb ausgeschlossen. Andere unabhängige JournalistInnen werden auf Social Media von Politikern und von anderen Personen massiv bedroht und eingeschüchtert. Am 25.09.23 wurden alle Medien des Nachrichtensenders Jeune Afrique verboten, da die Armee von Burkina Faso in zwei Artikeln diskreditiert worden sei. In den veröffentlichten Artikeln sei von Spannungen und Unzufriedenheit innerhalb der Streitkräfte berichtet worden. Das Tribunal de grande instance (TGI) Ouaga II hat am 19.10.23 zwei Medienschaffende wegen Verleumdung zu einer Geldstrafe und zu Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem sie im Juni 2023 einen Artikel der burkinischen Zeitung Le Reporteur veröffentlicht hatten, in dem sie den derzeitigen Wirtschaftsminister und die Generaldirektoren der Steuer- und Zollbehörden beschuldigt haben sollen, den Staat um rd. 97 Mrd. XOF gebracht zu haben.

Folter und andere Misshandlungen

Insassen des größten Gefängnisses in der Hauptstadt Ouagadougou (Maison d’Arrêt et de Correction de Ouagadougou – MACO) berichteten über Folter und andere Misshandlungen, vor allem während der Festnahme und in Polizeigewahrsam. Häufig geschah dies, um „Geständnisse“ zu erpressen. Mehrere Gefangene gaben an, länger als zwei Wochen ohne Anklage in Gewahrsam gehalten worden zu sein. Vier Gefängnisinsassen berichteten, dass die Gerichte nicht auf ihre Beschwerden über Folter reagiert hätten.
Mehrere Soldaten, die im April 2017 wegen eines Komplotts zur Plünderung eines Waffenlagers in Yimdi im Januar 2017 vor ein Militärgericht in Ouagadougou gestellt wurden, gaben an, während ihres Gewahrsams entweder in der Gendarmerie oder im Gefängnis MACO gefoltert worden zu sein.

Im Mai 2020 nahmen Polizisten und Freiwillige mindestens 25 Personen auf dem Markt in Kpentchangou fest. Am nächsten morgen wurden zwölf von ihnen tot in ihren Zellen aufgefunden. Die Polizei bestritt jede Verantwortung, die überlebenden Gefangenen, die im Juni 2020 frei gelassen wurden, geben aber an, dass die 12 Personen wegen brutalen Schlägen der Polizisten starben. Die Regierung versprach den Fall aufzuklären, bisher wurden aber noch keine weiteren Informationen veröffentlicht. Bisher wurde noch keine Person wegen der Tode angeklagt.

Haftbedingungen

Viele Gefängnisse waren weiterhin überbelegt. So befanden sich im MACO-Gefängnis 1900 Insassen, obwohl es nur für 600 ausgelegt war. Die Haftbedingungen waren nach wie vor unzulänglich und die Verpflegung sowie die medizinische Versorgung unzureichend. Im Juni 2017 erklärten Vertreter des Justizministeriums, an einem strategischen Plan zur Verbesserung der Haftbedingungen zu arbeiten. Doch auch im Jahr 2019 lag die Anzahl der Gefangenen immer noch über der offiziellen Kapazität, auch wenn sich die Lage gebessert hat. Nach Schätzungen von Amnesty liegt die durchschnittliche Überbelegung bei 1/3 der Gesamtkapazität. Es gibt außerdem Berichte von Menschenrechtsverletzungen ggü. Gefangenen, insbesondere gegenüber Mitglieder der Fulani Minderheit, die oft für dschihadistische Anschläge verantwortlich gemacht werden.

Während der Covid-19-Pandemie wurden über 1200 Gefangene von der Regierung aus den Gefängnissen entlassen, um das Infektionsrisiko in den überbelegten Haftanstalten zu verringern.

Gewalt gegen Migranten und Geflüchtete

Durch die anhaltenden Konflikte sind nach Schätzungen der UNHCR im Juli 2021 über 1,3 Millionen Menschen als Binnenflüchtlinge auf der Flucht gewesen. Diese Flüchtlinge befinden sich oft in einer besonders schwierigen Lage, da viele Regionen Burkina Fasos nicht in der Lage sind sie ausreichend zu versorgen. Teilweise kommt es zu Einsätzen von Gewalt durch Sicherheitskräfte gegen Geflüchtete, so zum Beispiel im Mentao Flüchtlingscamp. Es gibt Berichte von Geflüchteten, die gezielt von bewaffneten Gruppen getötet werden.

Recht auf Bildung

Der auf dem gesamten Kontinent bereits schlechte Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung wurde in Ländern wie Burkina Faso durch anhaltende Konflikte noch weiter erschwert. In Burkina Faso führten Angriffe von bewaffneten Gruppen zur Schließung von 2682 Schulen mit mehr als 300.000 SchülerInnen und 9000 LehrerInnen. Mitglieder der terroristischen Gruppen führen teilweise gezielt Angriffe auf SchülerInnen und LehrerInnen durch und bedrohen sie mit Gewalt. Im Laufe des Jahres 2020 wurden noch Angaben des Bildungsministeriums von Burkina Faso mindestens 200 LehrerInnen Opfer von Angriffen, als Reaktion wurden im Jahre 2020 weitere Schulen geschlossen. Viele junge Menschen in Burkina Faso haben daher keinen Zugang zu Bildung. Die Regierung erarbeitete zusammen mit UNICEF ein alternatives Bildungsprogramm, das beispielsweise über das Radio vermittelt wird.

Geschlechterspezifische Gewalt

Laut dem UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte waren Frauen in ländlichen Gebieten hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte besonders benachteiligt. Der Ausschuss empfahl der Regierung von Burkina Faso, die Gesetzgebung im Hinblick auf die Verhinderung und Bestrafung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu überarbeiten und den Betroffenen mehr Unterstützung zu gewähren. Der Ausschuss empfahl außerdem, alle Fälle von Vergewaltigung in der Ehe zu bestrafen und die Opfer derartiger Delikte zu ermutigen, Anzeige zu erstatten. Im Juli 2016 merkte der UN-Menschenrechtsausschuss an, dass Frauen stärker in öffentlichen Ämtern vertreten sein sollten. Das Familiengesetzbuch enthält immer noch Paragraphen, die Frauen diskriminieren.

Lediglich 16 % der Frauen in Burkina Faso nutzten moderne Verhütungsmittel. Fast 30 % der Mädchen und jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren in ländlichen Gebieten waren schwanger oder hatten bereits ein Kind. Einige Frauen und Mädchen berichteten, sie hätten nicht gewusst, dass Geschlechtsverkehr zu einer Schwangerschaft führen könne. Viele gaben an, dass sie aus Kostengründen nicht oder nicht immer Verhütungsmittel benutzten. Diese Faktoren hatten Risiko- und unerwünschte Schwangerschaften zur Folge, die in einigen Fällen zu gefährlichen, im Geheimen durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen führten.
Der Mangel an medizinischer Ausrüstung, Medikamenten und Personal in Krankenhäusern war die Ursache dafür, dass Frauen und neugeborene Kinder bei der Entbindung einem hohen Risiko von Geburtskomplikationen und Infektionen und daher sowie einem hohen Sterberisiko ausgesetzt waren. Mindestens 2800 Frauen und Mädchen in Burkina Faso sterben jährlich bei der Entbindung. Im März 2016 beseitigten die Behörden einige der größten finanziellen Belastungen, denen sich Schwangere gegenübersahen, darunter die Kosten für eine Kaiserschnitt-Geburt. Im ersten Halbjahr 2017 wurden in einem der beiden größten staatlichen Krankenhäuser von Ouagadougou mindestens 100 Todesfälle von Müttern im Zusammenhang mit Geburten registriert. In einem Krankenhaus nahmen überlastete Hebammen täglich bis zu 25 Kaiserschnitte vor, und die Bettenknappheit zwang Patientinnen, auf dem Boden zu schlafen. In einigen Fällen verfügten sie nicht einmal über Bettwäsche.
Burkina Faso gehörte 2016 zu den Ländern mit einer der höchsten Früh- und Zwangsverheiratungsraten weltweit. Frauen und Mädchen gaben an, mittels Gewalt und Nötigung zur Heirat gezwungen worden zu sein. Als weiteren Grund nannten sie den Druck, der durch die Geldbeträge und Güter entsteht, die ihre Familien im Fall der Eheschließung erhalten. In der Sahelzone war mehr als die Hälfte der Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren verheiratet.
Die Regierung verabschiedete eine nationale Strategie mit dem Ziel, die Praxis der Kinderehen bis zum Jahr 2025 zu beenden. Darin werden Kinder als alle Personen unter 18 Jahren definiert und alle eingegangenen Verbindungen zwischen einem Mann und einer Frau als “Ehe” betrachtet, unabhängig davon, ob sie durch einen Staatsbediensteten oder durch einen Vertreter ihrer Gemeinschaft im Rahmen einer traditionellen oder religiösen Zeremonie geschlossen wurden. Es bestanden jedoch große Bedenken hinsichtlich des rechtlichen Rahmens der Strategie und bestehender Schwachstellen bei der Umsetzung.
Die Anzahl weiblicher Genitalverstümmelungen ging zwar weiter zurück, doch war sie trotz eines gesetzlichen Verbots von 1996 auch 2020 noch immer weit verbreitet.

Amnesty International hat im Kampf gegen Genitalverstümmelung und Gender-basierter Gewalt auch immer wieder mit der Association of Support and Awakening Pugsada (ADEP) zusammengearbeitet, die entscheidend an den Fortschritten seit 1996 beteiligt war. Die Geschäftsführerin, Hortense Lougué war auch eines der Gesichter der Kampagne für Menschenrechtsverteidigerinnen von Amnesty im Jahr 2018.

Hortense Lougue

Seit dem 1. Juni 2019 sind Verhütungsmittel und Beratungen in Kliniken für Familienplanung in Burkina Faso kostenlos. Diese Änderung ist als Reaktion auf unsere Petition im Rahmen der Kampagne My Body My Rights von 2015 zu sehen, in der wir genau diese Maßnahme gefordert hatten. Durch den Abbau finanzieller Hürden haben die Menschen in Burkina Faso jetzt einen besseren Zugang zu Empfängnisverhütungsmitteln – was insbesondere den Frauen mehr Möglichkeiten gibt, selbst über ihren Körper zu bestimmen.

Geschlechtsspezifische Gewalt hat nach Quellen des UNHCR infolge der eskalierenden Konflikte, aber auch infolge der Maßnahmen gegen die Covid-19 Pandemie, wieder stark zugenommen. Im Jahr 2020 gab es mehr Bericht von Vergewaltigungen, früher oder erzwungener Heirat, Zwangsprostitution und sexuelle Nötigung als in den Jahren zuvor. Gleichzeitig wurde es Opfern erschwert Hilfe zu finden, da die verantwortlichen Stellen unterbesetzt sind oder durch die Konflikte ihre Arbeit in vielen Regionen unterbrechen mussten. Auch die NGO Doctors Without Borders berichtet von einem Anstieg der sexuellen Gewalt im Kontext der eskalierenden Konflikte. Teilweise wurde von Mitarbeitenden von lokalen NGOs Geschlechtsverkehr als Gegenleistung für Nahrungsversorgung angenommen.

Einen ausführlichen Amnesty-Bericht zur Situation von Frauen und Mädchen in Burkina Faso (Stand 2016) findest du hier.

Recht auf Gesundheit

Im März 2020 äußerte die SYNTSHA ihre Sorgen über den Schutz der Personen, die an vorderster Front in der Covid-19 Pandemie arbeiteten. Seit 2017 gab es eine Vereinbarung, dass die Infrastruktur und die Bezahlung von GesundheitshelferInnen verbessert werden soll, bisher wurde diese jedoch von der Regierung nicht zufriedenstellend umgesetzt.

Es gibt kaum belastbare Zahlen zu den Auswirkungen der Covid-19 Pandemie in Burkina Faso, da viele Fälle nie an Gesundheitsbehörden gemeldet werden und auch die meisten Tode wohl nicht dokumentiert werden. Die Impfkampagne der Regierung ist gescheitert. Auch abseits der Pandemie fehlt es an vielen Stellen an qualifizierten Gesundheitspersonal, insbesondere in den Konfliktregionen.

Weiterführende Berichte

Report Death Was Slowly Creeping On Us, Bericht über Gewalt von bewaffneten Gruppen

Amnesty International Submission to the 44th session of the UPR Working Group

Amnesty Report 2021 Englisch

Amnesty Report 2020 Englisch

Amnesty Report 2020 Deutsch

They executed some Bericht über Willkür der Soldaten

Amnesty Report 2018 zur Menschenrechtslage in Burkina Faso

Amnesty Report 2017 zur Menschenrechtslage in Burkina Faso

Aktuelle Beiträge zu Burkina Faso

 

Ansprechpartner:

Lukas Granrath, Lukas.Granrath@amnesty-westafrika.de

1. März 2024