Mali: Die Verantwortlichen für die Tötungen in Moura müssen strafrechtlich verfolgt werden

Amnesty International begrüßt die Veröffentlichung des Untersuchungsberichts des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) am 12. Mai über die gemeinsame Militäroperation der malischen Armee mit Mitgliedern der privaten Militärfirma Wagner im Dorf Moura (Kreis Djenné, Region Mopti) vom 27. bis 31. März 2022.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass während der Belagerung des Dorfes Moura vom 27. bis 31. März 2022 mindestens 500 Menschen von den malischen Streitkräften und ihren ausländischen Verbündeten außergerichtlich hingerichtet wurden. Der Bericht dokumentiert auch die Fälle von 58 Frauen und Mädchen, die Opfer sexueller Gewalt durch malische Militärangehörige wurden. Der Bericht stützt sich auf 157 Einzelinterviews, die über einen Zeitraum von sieben Monaten vom 1. April bis zum 30. Oktober 2022 mit Überlebenden des Angriffs, einschließlich Opfern sexueller Gewalt, sowie mit Personen geführt wurden, die vom Militär dazu bestimmt worden waren, die Leichen in Massengräbern zu beerdigen.

Am 13. Mai 2022 verurteilten die malischen Behörden den Bericht und erklärten, dass “keine Zivilisten aus Moura während der Luftlandeoperation ums Leben gekommen sind”. Sie kündigten außerdem an, dass sie eine Untersuchung gegen die OHCHR-Mission zur Ermittlung der Fakten wegen Spionage, Gefährdung der Staatssicherheit und externer Verschwörung eingeleitet hätten.

“Laut dem Bericht des OHCHR könnten die in Moura begangenen Verbrechen Völkerrechtsverbrechen darstellen. Zwar berichtet das OHCHR von der Anwesenheit von etwa 30 Kämpfern einer bewaffneten Gruppe, der Katiba Macina, in Moura am 27. März 2022, dem Tag des Jahrmarkts, doch kann dies nicht die außergerichtlichen Hinrichtungen, Vergewaltigungen und Plünderungen rechtfertigen, die die Streitkräfte an den von ihrer Belagerung eingeschlossenen Bewohnern und Schaustellern verübten”, sagte Samira Daoud, Regionaldirektorin für West- und Zentralafrika bei Amnesty International.

Der Bericht des Hochkommissariats für Menschenrechte ist ein entscheidender Schritt für die Wahrheitsfindung über die Gräueltaten in Moura und soll zum Recht der Opfer auf Gerechtigkeit beitragen. Am 6. April 2022 hatte Amnesty International die vom Militär und seinen Verbündeten begangenen Verbrechen angeprangert und auf die Notwendigkeit einer gründlichen und unabhängigen gerichtlichen Untersuchung der Vorfälle in Moura hingewiesen.

Am selben Tag hatte die Militärjustiz angekündigt, eine Untersuchung der Vorfälle eingeleitet zu haben. Seitdem gab es keine öffentlichen Informationen über den möglichen Fortschritt dieses Verfahrens. In ihrem am 13. April 2022 erschienenen Bericht “Verbrechen ohne Schuldigen” wies Amnesty International darauf hin, dass sich fast alle Verfahren, die wegen Übergriffen des Militärs im Rahmen des Konflikts eingeleitet wurden, nicht weiterentwickeln und ins Stocken geraten, ohne jemals zu einem Prozess zu führen. Amnesty International prangerte auch die Zuständigkeit der Militärgerichte für die Verurteilung von Straftätern an.

Angesichts der Schwere der begangenen Verbrechen fordert Amnesty International die Behörden auf, ein unabhängiges und unparteiisches Gerichtsverfahren vor ordentlichen Gerichten über die in Moura begangenen Verbrechen einzuleiten und lenkt die Aufmerksamkeit des Internationalen Strafgerichtshofs, der eine offene Untersuchung der Situation in Mali betreibt, auf den Fall von Moura hin, der das tödlichste Ereignis gegen Zivilisten seit Beginn des Konflikts im Jahr 2012 darstellt.

“Wir verurteilen die herrschende Straflosigkeit in Mali und die anhaltende Gewalt der Kriegsparteien gegen die Zivilbevölkerung insbesondere im Zentrum des Landes. Die Konfliktparteien in Mali, die malische Armee und ihre Verbündeten ebenso wie die bewaffneten Gruppen, sind verpflichtet, das humanitäre Völkerrecht zu achten. Verbrechen gegen Zivilisten, wie außergerichtliche Hinrichtungen, Vergewaltigungen und andere sexuelle Gewalt, sind absolut verboten”, sagte Samira Daoud.