Zwei Wochen nach dem Tod Dutzender Menschen bei einem Fußballspiel in Nzérékoré am 1. Dezember müssen die guineischen Behörden eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Todesursachen durchführen und das Recht auf freie Meinungsäußerung garantieren, so Amnesty International heute.
„Das derzeitige Schweigen der Regierung, gepaart mit der Einschränkung des Internetzugangs in der Stadt, lässt zu Recht Zweifel an der Bereitschaft der Behörden aufkommen, das ganze Ausmaß der Tragödie zu erfassen. Auf der Grundlage glaubwürdiger Informationen haben viele Organisationen und Zeugen, die von Amnesty International befragt wurden, die Ungenauigkeit der offiziellen Zahl der Todesopfer nach dem Vorfall im Stadion angeprangert und argumentiert, dass sie viel höher sein könnte“, sagte Samira Daoud, Regionaldirektorin von Amnesty International für West- und Zentralafrika.
Rund 135 Tote nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen
Am 1. Dezember meldete die Regierung eine „vorläufige“ Zahl von 56 Toten, die sich auf Informationen der „Krankenhausdienste“ stützte, wie es in einer Pressemitteilung der Regierung hieß. Am 3. Dezember jedoch gaben Menschenrechtsorganisationen aus der Region Nzérékoré in einer schriftlichen Erklärung die Zahl von 135 Toten und etwa fünfzig Vermissten an. Menschen, mit denen Amnesty International in Nzérékoré sprach, berichteten, dass die Zahl der Beerdigungen seit dem Vorfall auf mehreren Friedhöfen der Stadt die von den Behörden bekannt gegebenen Zahlen überstiegen habe. „Darüber hinaus wurden nicht alle Opfer in das regionale Krankenhaus eingeliefert“, sagte einer der Gesprächspartner. Ein Mitglied der Zivilgesellschaft, das von Amnesty International am 11. Dezember kontaktiert wurde, sagte: „Im Moment halten wir die Zahl von 135 Toten aufrecht, aber wir wissen, dass sie sich ändern wird. Wir werden in der Lage sein, eine genaue Zahl zu nennen, sobald wir die laufende Zählung abgeschlossen haben.“
Nach den von Amnesty International ausgewerteten Videos und Zeugenaussagen führte eine strittige Schiedsrichterentscheidung während des Spiels zu Zwischenfällen auf dem Spielfeld und auf den Tribünen, in deren Folge die Polizei Tränengas einsetzte. Diese Situation führte zu einer Panik unter den Tausenden von Zuschauern, wie ein bei der Veranstaltung anwesender Journalist gegenüber Amnesty International erklärte
Verstöße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Information
Die Verbreitung von Informationen und Videos im Zusammenhang mit der Tragödie wurde eine Woche lang nach dem Vorfall in Nzérékoré durch eine Beschränkung des Internetzugangs eingeschränkt. Bis heute haben die Behörden keine Erklärung für diese Sperrung geliefert.
Seit 2020 haben die aufeinanderfolgenden Behörden das Internet regelmäßig abgeschaltet. Diese Verstöße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und den Zugang zu Informationen werden seit der Machtübernahme durch das Comité National du Rassemblement pour le Développement (CNRD) fortgesetzt, ungeachtet eines Urteils des ECOWAS-Gerichtshofs vom 31. Oktober 2023, in dem festgestellt wurde, dass die Internetsperren im Jahr 2020 gegen das Recht der Kläger auf Information verstoßen. Damals forderte der Gerichtshof Guinea auf, „alle Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass sich diese Situation in Zukunft nicht wiederholt“.
Das Finale des „Turniers der Neugründung“, bei dem Generalleutnant Mamadi Doumbouya die Trophäe überreichen sollte, wurde „unter der hohen Autorität von General Amara Camara, Minister und Generalsekretär des Präsidialamtes“ organisiert, um „die republikanischen Ideale und Werte des CNRD zu unterstützen“, wie es in einer offiziellen Werbung der Behörden zur Ankündigung des Wettbewerbs heißt.
In den letzten Monaten haben sich die Kundgebungen zur Unterstützung des CNRD in Guinea vervielfacht, insbesondere um für die Verabschiedung einer neuen Verfassung zu werben, und dies trotz des Verbots „aller Demonstrationen auf öffentlichen Straßen, die den sozialen Frieden und die ordnungsgemäße Durchführung der im Zeitplan vorgesehenen Aktivitäten gefährden könnten, (…) vorerst bis zu den Wahlkampfzeiten“, wie es in einer Pressemitteilung des CNRD vom 13. Mai 2022 heißt.
Andererseits werden regierungsfeindliche Demonstrationen regelmäßig von den Sicherheitskräften unter Verletzung des Völkerrechts unterdrückt, wie Amnesty International in seinem Bericht „Verwundete Jugend“ dokumentiert: Die Opfer rechtswidriger Gewaltanwendung in Guinea brauchen dringend Hilfe und Gerechtigkeit.