Die Verurteilung und Bestrafung des ehemaligen malischen Premierministers Moussa Mara zu zwei Jahren Haft, von denen ein Jahr obligatorisch ist, und einer Geldstrafe von 500.000 CFA-Francs (762 Euro), darunter 1 symbolischer Franc an den malischen Staat, unter anderem wegen Diskreditierung des Staates, ist eine Travestie der Gerechtigkeit, erklärte Amnesty International und forderte die Behörden auf, ihn und andere Gefangene, die ausschließlich wegen ihrer politischen Überzeugungen inhaftiert sind, unverzüglich freizulassen.
„Die Verurteilung und das Strafmaß gegen Moussa Mara verdeutlichen die anhaltende Missachtung der Menschenrechtsverpflichtungen Malis durch die Behörden gemäß der Verfassung des Landes, der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker und dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Mali gehört“, sagte Marceau Sivieude, Regionaldirektor von Amnesty International für West- und Zentralafrika.
„Anstatt Kritiker mundtot zu machen, müssen die Behörden ihre eskalierende Unterdrückung friedlicher Dissidenten und autoritäre Praktiken beenden und diejenigen unverzüglich freilassen, die derzeit allein wegen der Äußerung ihrer Meinung inhaftiert sind. Die Behörden müssen die Menschenrechte aller Menschen im Land achten und gewährleisten, einschließlich der Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit.“
Moussa Mara, der von April 2014 bis Januar 2015 Premierminister und Vorsitzender der Oppositionspartei Yéléma war, wurde am 1. August festgenommen und wegen „Diskreditierung des Staates“, „Anstiftung zur Störung der öffentlichen Ordnung“ und „Widerstand gegen die rechtmäßige Staatsgewalt“ angeklagt.
Seine Verhaftung erfolgte, nachdem er am 4. Juli einen Tweet gepostet hatte, in dem er seine Solidarität mit mehreren inhaftierten Aktivisten und Politikern zum Ausdruck brachte. In seinem Tweet, in dem er sich auf die „Nacht“ bezog, schwor er, „mit allen Mitteln dafür zu kämpfen, dass [die Sonne wieder scheint]“.
Jüngste Fälle willkürlicher Inhaftierungen und Verschleppungen
Zahlreiche Journalisten und Aktivisten sind von der Unterdrückung kritischer Stimmen in Mali betroffen.
Am 8. Mai 2025 wurde El Béchir Thiam, Journalist und Mitglied der Partei Yéléma von Mara, von vermummten Männern entführt, die sich als Geheimdienstagenten ausgaben. Dies geschah einen Tag, nachdem er öffentlich die Entscheidung des Übergangsparlaments kritisiert hatte, der Militärregierung eine weitere fünfjährige Amtszeit zu gewähren. Thiams Schicksal und sein Aufenthaltsort waren zu diesem Zeitpunkt unbekannt, da die Behörden keine Informationen über seine Inhaftierung bestätigten oder offenlegten. Am 17. Juli reichte seine Frau eine formelle Anzeige wegen Entführung ein. Am 26. September wurde er freigelassen und durfte nach Hause zurückkehren.
Clément Dembélé, ein Anti-Korruptionsaktivist, wurde im November 2023 verhaftet, als er und seine Organisation, die Plattform gegen Korruption und Arbeitslosigkeit, eine Pressekonferenz abhalten wollten, um wiederkehrende Stromausfälle anzuprangern. Dembélé wurde beschuldigt, Morddrohungen gegen Assimi Goïta, den Staatschef, und seine Familie ausgesprochen zu haben. Im April 2025 wies ein Untersuchungsrichter die Anklage gegen Dembélé zurück und forderte seine Freilassung. Trotz dieses Urteils befindet er sich weiterhin in willkürlicher Haft.
Im August und September 2025 verurteilte der unabhängige UN-Experte für Mali das Verschwindenlassen von El Béchir Thiam und die willkürliche Verhaftung von Clément Dembélé und forderte ihre Freilassung.
„Die Behörden müssen aufhören, willkürliche Verhaftungen, Verschleppungen und den Missbrauch des Strafrechtssystems einzusetzen, um friedliche Dissidenten in Mali zum Schweigen zu bringen. Die Behörden müssen das Recht auf ein faires Verfahren gewährleisten und die Rechtsstaatlichkeit wahren“, sagte Marceau Sivieude.
Weitere kritische Stimmen, die seit 2023 zum Schweigen gebracht wurden
Rokiatou Doumbia, auch bekannt als „Rose Vie Chère“ oder „Tantie Rose“, wurde im März 2023 verhaftet, weil sie die sich verschärfende Unsicherheit und die Krise der Lebenshaltungskosten seit der Machtübernahme durch das Militär angeprangert hatte. Sie wurde wegen „Anstiftung zur Revolte“, „Diskreditierung des Staates“ und „krimineller Verschwörung“ angeklagt und im August 2023 zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Obwohl sie ihre ursprüngliche Strafe verbüßt hat, wird sie weiterhin willkürlich inhaftiert.
Im März 2023 wurde der Radiomoderator und Aktivist Mohamed Youssouf Bathily, bekannt als „Ras Bath”, verhaftet, nachdem er den Tod des ehemaligen Premierministers Soumeylou Boubeye Maïga in Haft als „Mord” bezeichnet hatte. Er wurde im August 2023 in der Berufungsinstanz wegen „Vortäuschung einer Straftat“ bzw. wegen der Anschuldigung, der Staat habe eine Straftat begangen, zu 18 Monaten Haft verurteilt. Obwohl er seine Strafe verbüßt hat, wurde Ras Bath wegen derselben Vorfälle erneut wegen „krimineller Verschwörung“, „Diskreditierung des Staates“ und „regionalistischer, rassistischer und religiöser Straftaten“ angeklagt und bleibt weiterhin in Haft.
Im September 2023 wurde der Aktivist und Mitglied des Nationalen Übergangsrats Adama Diarra, bekannt als „Ben le Cerveau“, verhaftet, nachdem er die Rückkehr zur zivilen Verfassungsordnung gefordert hatte. Er wurde wegen „Diskreditierung des Staates“ angeklagt und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Im Februar 2025 wurde ein Antrag seiner Anwälte auf vorläufige Freilassung abgelehnt, und Diarra befindet sich weiterhin in willkürlicher Haft.
Issa Kaou N’Djim, ein weiteres ehemaliges Mitglied des Nationalen Übergangsrats, wurde zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt, nachdem er im November 2024 die Richtigkeit einer Erklärung der burkinischen Behörden über einen Putschplan zurückgewiesen hatte. N’Djim wurde nach einer Beschwerde der burkinischen Behörden verhaftet und wegen „öffentlicher Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes” angeklagt.
Hintergrund
Seit dem Staatsstreich gegen Präsident Ibrahim Boubacar Keïta im Jahr 2020 wird Mali von einer Militärregierung regiert. Die Übergangsphase, die ursprünglich 18 Monate dauern sollte, wurde bereits dreimal verlängert. Im April 2025 kündigte die Regierung die Auflösung aller politischen Parteien und die Verlängerung der Übergangsphase um weitere fünf Jahre an.
